Eva Zahn & Volker A. Zahn
Drehbuchautoren



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Rund 9, 5 Millionen Zuschauer verfolgten am letzten März-Wochenende den neuen TATORT von Eva Zahn und Volker A. Zahn. Viel Zuspruch gab es nicht nur vom Publikum, auch die meisten Kritiker waren voll des Lobes. Die tragische Geschichte der Halbbrüder Timo und Leon, die in einem Kieler Brennpunkt-Viertel aufwachsen, hat die Artikelschreiber diverser Zeitungen und Internet-Portale indes auch zu mitunter bizarren und gewagten Story-Interpretationen verleitet. Der Kritiker von „Spiegel online“ etwa zeigt sich ganz berauscht von der Figur des coolen Kiez-Bullen Thorsten „Rauschi“ Rausch (Tom Wlaschiha) und kürt den TV-Krimi in seinem Beitrag kurzerhand zum „Prekariats-Western“. Eine große Idee also, aber: „Dieses mythisch leicht erhöhte Spiel mit den soziologischen Zuschreibungen geht auf, solange Kommissar Borowski und Kollegin Sarah Brandt nicht auf der Bildfläche erscheinen. Da kippt der Prekariats-Western dann doch ins Problemfilmchen.“ Problematisch indes: Borowski und Brandt tauchen bereits nach zwei Minuten auf, und von „Rauschi“ ist bis dahin nichts zu sehen. Es mit der Wahrheit genau nehmen, ist auch für die Kollegen vom Boulevard eher mühselig. „Bild“ und „Express„ gelingt das Kunststück, in vier Zeilen Text drei grobe (aber leicht vermeidbare) Fehler unterzubringen: So verschätzt man sich beim Alter der Autoren um lässige 9 bzw. 15 Jahre (immerhin: zugunsten der Filmemacher), und der reale Fall aus der Oberpfalz, auf dem das Drehbuch angeblich basiert („Express“: „Die Horror-Wahrheit hinter dem ‘Tatort‘“) war den Autoren bis zur Veröffentlichung der Schlagzeilen-Blätter nicht bekannt; vielmehr hatten sie im Presseheft auf einen Fall in Berlin verwiesen, der bei der Ideen-Findung eine Rolle gespielt hatte. Erfindungsreichtum beschlich viele Kolleginnen und Kollegen auch auf der Assoziations-Ebene: Ein Schreiber der „Süddeutschen“ wähnt sich in „einem Sozialdrama, wie man es aus frühen Geschichten zum Beispiel mit Schimanski kennt“, der österreichische „Standard“ hält Kiel-Gaarden für eine „Sozialbautensiedlung, für die die ‘Projects‘ aus ‘The Wire‘ Pate gestanden haben könnten“, derweil Rauschi aussehe, „als wäre er aus Dennis Hoppers L.A.-Drama ‘Colors‘ entlehnt.“ Auch das Fernseh-Magazin „Prisma“ glaubt „viele, viele Anleihen bei amerikanischen Filmen“ entdeckt zu haben und führt diesbezüglich ausgerechnet den „Pferdeflüsterer“ an, während Ponkie in der Münchner „Abendzeitung“ auf Buñuels Bettler-Film „Los Olvidados“ querverweist, und ein Schreiber des „Neuen Deutschland“ in seiner TV-Kritik sinnfrei über „hochgepimpte Macherbuden der amerikanischen Ökonomie (Banken, Berater, Filmproduzenten)“ schwadroniert und zu dem Schluss kommt, „der Blaustich der Bilder“ sei „der Versuch, dem ästhetischen Non-Chic aus grauen Häusern und vermüllten Wohnungen Style abzugewinnen.“
Deutlich weniger irrlichternd resümiert der Kritiker des „Stern“: „So trist ist die Welt, in die ‘Borowski und die Kinder von Gaarden‘ die Zuschauer einführt. Der Film geht dabei sehr behutsam vor. Er beschönigt nichts. Verrät seine Charaktere aber auch zu keiner Zeit, selbst wenn es sich dabei um miese, sadistische Jungs handelt. Gleichzeitig schafft es die Folge, die Düsternis immer wieder mit kontrastierendem Humor ein wenig aufzulockern. Ein sehenswerter ‘Tatort“. Am Ende nimmt der Hund Reißaus, auf dem Weg in ein neues, besseres Zuhause. Zumindest er könnte eine bessere Zukunft finden. Zurück bleiben die Menschen in Gaarden. Sie müssen weiterleben, an diesem Ort ohne Hoffnung und Liebe.“
Der bewährte TV-Kritiker Tilmann P. Gangloff findet, dass „das Drehbuchpaar Eva und Volker A. Zahn einen Krimi mit starken Figuren geschrieben hat“ („evangelisch.de“), die „Frankfurter Neue Presse bescheinigt dem Film „durch seinen ungeschminkten Realismus eine bemerkenswerte Spannung“, die „Neue Zürcher Zeitung“ freut sich über „Dialoge von berückender Lakonie“, die WAZ hat ein „glaubwürdig geschriebenes und authentisch inszeniertes Sozialdrama“ gesehen, die „Welt“ jubelt über einen “Krimi der Extraklasse“, und für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ steht fest: „‘Borowski und die Kinder‘ zeigt einmal mehr, dass der Kieler Tatort zu den besten zählt.“
Die „Berliner Morgenpost“ konstatiert: „Es ist natürlich nicht ohne eine gewisse Ironie, dass nun mit dem Stadtteilpolizisten Torsten Rausch jemand auftaucht, den Kommissarin Sarah Brandt von früher kennt. Denn sie wird von Sibel Kekilli gespielt, während Torsten Rausch von Thomas Wlaschiha verkörpert wird, und wer die international erfolgreiche Fantasysaga ‘Game of Thrones‘ kennt, der weiß, dass die beiden dafür gemeinsam vor der Kamera gestanden haben. Das ist aber nicht mehr als eine kleine cineastische Verbeugung am Rande, dem Buch von Eva Zahn und Volker A. Zahn geht es um etwas sehr Ernstes. Es geht um zerstörte Kindheiten und die Folgen. Es geht um die vielleicht naive, aber letztlich alles entscheidende Frage, warum man zu Kindern unbedingt nett sein muss. Und was passieren kann, wenn nicht. “ Kluge Worte auch vom Kritiker der „Potsdamer Neuesten Nachrichten“: „Klar, der Tatort ist negativ - aber nicht auf eine strapazierende Art wie der Berliner Tatort der letzten Woche. Ein bisschen erhobenen Zeigefinger kann das Drehbuch von Eva Zahn und Volker A. Zahn durchaus verkraften, ohne aufdringlich zu wirken. Wie oft kommt es denn auch vor, dass sich mit einem so schwerwiegenden Thema vergriffen wird - ermordete Kinderficker sind eben plakativ, und als Sympathieträger sowieso ungeeignet. Eine Vorverurteilung findet dennoch nicht statt: Die Perspektive liegt auf den Kindern, deren Moral sich allzu sehr unterscheidet von denen, die vor den Fernsehsesseln richten. Was nützt sie auch, die Moral. Selbst Rauschi the legend hat längst aufgegeben, außerdem deutet irgendwann alles darauf hin, dass Steinhaus selbst das Opfer dieser perspektivlosen Kinder wurde, da spielen auch verfängliche Videoaufnahmen in eindeutig zweideutigen Situationen keine Rolle mehr. Vielleicht ist diese Darstellung des stigmatisierten Opfers nicht gewagt, sondern einfach nur konsequent. Überhaupt scheint sich der Kieler Tatort ein wenig mehr rausnehmen zu dürfen. Und das ist gut so. Ein großartiger Film. Unbedingt mehr davon, bitte!“
Kurzum: „Dieser Tatort vermeidet jede Sozialromantik, zeigt aber, wie die Dinge sind.“ („Frankfurter Rundschau“)


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