Eva Zahn & Volker A. Zahn
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Adolf-Grimme-Preis 2009 für Eva Zahn und Volker A. Zahn

Grimme Preis 1
Bild © Claudia Jaquet/Grimme-Institut
Für das Drehbuch des ARD-Dramas „Ihr könnt euch niemals sicher sein“ wird Eva Zahn und Volker A. Zahn der Adolf-Grimme-Preis 2009 verliehen. Die Jury begründete ihre Entscheidung mit folgenden Worten:
„Selbst Neuropathologen können niemandem in den Kopf schauen, obwohl sie Hirne in hauchdünne Scheiben zerlegen. Psychologen kommen auch nicht weiter. Warum wird der eine zum Amokläufer und der andere zum gefeierten Dichter der Unverstandenen? Zufall, Verdienst oder Ironie des Schicksals? Besonders an den Schulen scheint die Lage derer, die in Zukunft Staat machen sollen, prekär wie nie. Ob sie ihre Schüler vor allem als Restrisiko oder als Chance Mensch sehen, kommt ganz auf den Standpunkt an. Für Lehrer, Kollegien und Schulleitungen – so könnte man nach diversen Schulmassakern meinen – ist die Frage nach der Berechenbarkeit ihrer Schüler zur Überlebensfrage geworden, Risikoabschätzung zur Grundlage des Fachunterrichts.
Das Ich, ein letzthin Unverfügbares in jeglicher Hinsicht: Dies bewegt „Ihr könnt euch niemals sicher sein“ auf ebenso großartige wie großherzige Art und Weise. Der Film handelt von den Leiden des schwierigen Schülers Oliver. Neu am Gymnasium, drückt er seine Mordswut auf die verhasste Deutschlehrerin mit gereimten Hiphop-Versen aus. Möglicherweise ist Oliver brandgefährlich; möglicherweise ist er lediglich poetisch hochbegabt und leidet unter den altersüblichen Pubertätserscheinungen. Als er einen Zettel scheinbar eindeutigen Inhalts verliert, dreht seine Lehrerin durch. Nach einer Hausdurchsuchung wird Oliver in die Jugendpsychiatrie eingeliefert. Erlebte Willkür und eigene Ohnmacht scheinen ihn in die Rolle des Amokläufers geradezu unwiderstehlich zu drängen.
Das Buch von Eva Zahn und Volker A. Zahn unterläuft äußerst geschickt, konsequent und mit unverbrüchlicher Sympathie zu ihrer Hauptfigur die Erwartungen des Zuschauers, ohne das Thema Amok und seine Mechanismen zu verharmlosen. Doch nicht etwa der Schüler läuft hier Amok, sondern seine Umgebung, die ihn mit kopfloser Angst vorsorglich kriminalisiert. Einzig die Psychiaterin hält den Jugendlichen nicht für geisteskrank, sondern für ganz normal. Und Oliver erweist sich, wenn auch verzweifelt, als stabilster Charakter in einer Panikwelt.
Der Film nötigt zum genauen Hinsehen. Die Inszenierung von Nicole Weegmann wirbt um Verständnis, aber heischt nicht darum. Beeindruckend getragen durch seinen Hauptdarsteller Ludwig Trepte, vermittelt der Film Haltung, vermeidet aber Herablassung gegenüber denen, die sich um Haltung bemühen und dabei falsche Entscheidungen treffen. „Ihr könnt euch niemals sicher sein“ wagt einen heiklen Balanceakt bei einem schwierigen Thema – und gewinnt ihm souverän festen Boden unter den Füßen ab.“
Die Preisverleihung fand am 3. April im Theater der Stadt Marl statt. Auf dem Foto links: Die Preisträger Eva Zahn und Volker A. Zahn, Regisseurin Nicole Weegmann, Moderatorin Barbara Schöneberger und Hauptdarsteller Ludwig Trepte.

Antonius Reyntjes schreib
am 22 Feb. 2009, um 13:51:
Ja, dieser Film über Familie Schule und Psychiatrie - und sozialen Veränderungen im Umkreis - war beispielhaft. Insbesondere die Einbeziehung der krass-sperrigen Betonarchitektur in vielen Beispielen war gelungen. Wg. dieser Kälte und des Abgewiesenseins durch das Herrisch-Moderne der In- und Umwelt wird der Film emotional wohl nicht den TV-Gewohnheitskonsumenten erreichen. - Aber Wahrheit tut manchmal weh beim Hinkucken und Darüber-Sprechen!

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